Carl Reddin und Martin Aberhan vom Museum für Naturkunde Berlin sowie Kolleg:innen von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) untersuchten Aussterbeereignisse mit rascher globaler Erwärmung in den letzten 300 Millionen Jahren. Sie fanden heraus, dass Arten aus warmen und kalten Gewässern bei globaler Erwärmung mit hoher Wahrscheinlichkeit aussterben werden, während Arten in gemäßigten Gewässern überleben. Dies war nur möglich durch Untersuchung von fossilen Sammlungen und unterstreicht die Relevanz von naturkundlichen Forschungsmuseen für aktuelle und zukünftige Vorhersagen.
"Aus der Erdvergangenheit überlieferte Fossilien sind der einzige direkte Beweis dafür, welche Arten bei einer raschen globalen Erwärmung am stärksten vom Aussterben bedroht sind", so Dr. Carl Reddin, Hauptautor der vorliegenden Studie. "Ein Vorteil der Arbeit mit fossilen Aufzeichnungen ist, dass wir den Einfluss der globalen Erwärmung ohne all die anderen Auswirkungen des Menschen, wie Überfischung und Verschmutzung, sehen können", so Mitautor Dr. Martin Aberhan vom Museum für Naturkunde Berlin. "Das zeigt die Relevanz von Forschungssammlungen für aktuelle und zukünftige Vorhersagen".
Carl Reddin und Martin Aberhan vom Museum für Naturkunde Berlin sowie Kolleg:innen von der FAU untersuchten die gemeinsamen geografischen Muster des Aussterbens bei sieben Ereignissen mit rascher globaler Erwärmung in den letzten 300 Millionen Jahren. Das bekannteste davon war das nahezu apokalyptische Massenaussterben am Ende des Perms. Die Autoren verglichen die Aussterbemuster dieser Ereignisse mit den üblichen Aussterbemustern um herauszufinden, wie die Lebewesen auf die globale Erwärmung reagierten. Sie fanden heraus, dass Arten aus warmen und kalten Gewässern bei globaler Erwärmung mit hoher Wahrscheinlichkeit aussterben werden, während Arten in gemäßigten Gewässern überleben.
Um herauszufinden, woran das liegen könnte, stellten die Forschenden eine simulierte kugelförmige Erde mit einem natürlichen Temperaturgefälle von den Tropen zu den Polen auf. Es ergaben sich zwei ozeanische Bereiche, in denen die Arten ihren Lebensraum bei den von ihnen bevorzugten Temperaturen besonders drastisch verloren: in den Tropen, wo die Fläche von geeigneten Habitaten stark zusammen schrumpfte, und an den Polen, wo der Lebensraum komplett verschwand. Die Ähnlichkeit zwischen den simulierten und den fossilen Mustern war verblüffend. Die meisten Arten gehen in den artenreichen warmen Gewässern der Tropen verloren, aber die Kaltwasserarten sind am stärksten vom Aussterben bedroht, da die anhaltende Erwärmung ihren Lebensraum vernichtet.
Hintergrundinformationen zur Entdeckung
Die Forschenden fanden den einstigen Lebensraum der Tiere heraus, indem sie Modelle der Plattentektonik verwendeten die berücksichtigen, wie sich die Kontinente in der Vergangenheit bewegten und wie Ozeane im Laufe der Zeit wuchsen oder verschwanden. Dann fügten die Forschenden Daten aus Paläoklima Modellen hinzu und schätzten so die Meerwassertemperaturen an den Orten ab, an denen die Tiere einst lebten. Auf diese Weise konnten die Forschenden beispielsweise zwischen Tieren, die einst kalte Gewässer bevorzugten, und solchen, die warme Gewässer bevorzugten, unterscheiden. Andere Forschende hatten bereits mehrere Zeitabschnitte in der Erdgeschichte als schnelle globale Erwärmungsereignisse identifiziert: die Massenaussterben am Ende des Perm und der Trias, das weniger bekannte karnische Pluvialereignis, drei Phasen während der Jura- und der Kreidezeit und das thermische Maximum an der Paläozän-Eozän-Grenze vor etwa 55 Millionen Jahren. In Verbindung mit den Zeitpunkten, an denen die Tiere ausstarben, konnten die Forschenden schließlich die Aussterbemuster im Zusammenhang mit den Temperaturpräferenzen der Arten während dieser heißen Phasen untersuchen und die Muster mit Zeiten ohne globale Erwärmung zu vergleichen. Dabei zeigte sich, dass sich das Aussterben auf die Tropen und die Pole konzentrierte, und zwar ausschließlich während der globalen Erwärmung.
Veröffentlicht in: Carl J. Reddin, Martin Aberhan, Nussaibah B. Raja & Ádám T. Kocsis 2022. Global warming generates predictable extinctions of warm- and cold-water marine benthic invertebrates via thermal habitat loss. Global Change Biology
Das Pressebild können Sie hier herunterladen (Foto: Carola Radke, MfN). Bildunterschrift: Die Muschelgattung Myophoria – hier zwei versteinerte Exemplare aus den Fossilsammlungen des Museums für Naturkunde – starb am Ende der Triaszeit während einer ausgeprägten globalen Klimaerwärmung aus